⊗ r. anderscheinungen ⊗ mein denkraum.
Samstag, 21. August 2004
nerd
die fingernägel krallen sich in die lehnen seines stuhles, schweiß läuft auf seiner stirn, denn es ist schwül in dieser, einer von übertaktern gefürchteten, nacht. wieder treten sie auf, die visionen einer besseren, funktionierenden computerwelt in der alle komponenten friedlich zueinander stehen.
der neustart verlief reibungslos, die dämonische fehlermeldung war verschwunden und die geforce bereit sich frei zu entfalten.
jedoch - stille - eine stille, die ihm gar nicht gefällt. obwohl die boxen bis zur hälfte aufgerissen sind, kommt außer einem kleinen, dezenten netzbrummen kein weiterer ton an seine ohren, abgesehen von dem surren der lüfter.
alle kabel sind nach wie vor korrekt angeschlossen, also kann der fehler nur auf seiten der software gesucht werden. und wirklich, nach all den strapazen und all der hektik in dieser nacht, ausgerechnet die treiber der soundkarte wurden völlig außer acht gelassen...

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Donnerstag, 29. April 2004
H e u t e
Diese moderne Technik ist wirklich eine tolle Sache. Als das damals eingeführt wurde, - also die Pflicht, so ein Kopfimplantat zu tragen – da hab ich mir das irgendwie anders vorgestellt. Viel fremder, bedrohlicher und kälter. Hatte halt was von totaler Überwachung für mich, aber ich habe mich inzwischen dran gewöhnt. Es ist ganz anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Richtig cool. Ja, doch, ich mag das Implantat inzwischen. Anfangs wusste niemand so wirklich, wozu das Ding gut sein sollte. Ich weiß es bis heute nicht, aber dafür habe ich herausgefunden, was man alles damit anstellen kann.

Ich bin keiner von diesen extremen Kybernetikfanatikern. Da hat sich tatsächlich schon eine richtige Subkultur entwickelt, der Staat nennt diesen Trend „wachsendes Androidentum“. Wirklich, da gibt es Leute, die sind höchstens noch zu 30 Prozent organisch! Ich habe das vorgeschriebene Kopfimplantat nur durch einen Universalport am Handgelenk ergänzen lassen, das ist ziemlich praktisch. Zum Beispiel kann ich jetzt einfach ein paar gute Songs in meinen Kopf laden und das ist eine tolle Sache, wenn man keinen mp3-Player mit sich rumschleppen will. Aber das ist nicht der einzige Vorteil.
Der wirklich große Bonus sind die Elektrodrogen. Wirklich eine tolle Sache. Chemie, Naturdrogen... Gar kein Vergleich! Man muss sich das wie einen Computervirus vorstellen. Die E-Drugs kann man überall im Internet runterladen, zum Beispiel auf einer Reihe illegaler Pages, aber manchmal kriegt man sie sogar auf den Seiten von Universitäten oder privaten Forschungszentren. Da wird nämlich eine Menge dran geforscht, niemand weiß genau, wie gefährlich E-Drugs sind und schließlich gibt es sie auch noch nicht allzu lange, wenn man sie mal mit LSD oder Koks vergleicht.
Die Dateien, die man da runterläd, erzeugen im Kopfimplantat bestimmte Reize, je nachdem, welchen Kick man gerade haben will. Es gibt reine Rauschdateien, da fliegt man endlos durch irgendwelche psychedelischen Bilder – oder, wenn Profis die Droge programmiert haben auch durch ganze Fantasiewelten. Dann sind da die Sexdrogen, die sind am weitesten verbreitet. Sie erzeugen extrem realistische und natürlich erotische Halluzinationen. Es gibt wirklich gute, die ich öfter mal aktiviere. Aber es wird auch hier viel Unsinn angeboten, Hallus mit irgendwelchen TV-Stars, Musikern oder auch mit Tieren.
Seit ich die E-Drugs entdeckt habe, mache ich mir eigentlich kaum noch etwas aus Fernsehen oder Musik. Und Tiere? Das ist echt nicht mein Fall. Aber es gibt ja auch noch die Gewaltdateien. Die Medien werden extrem zensiert, inzwischen werden sogar Szenen mit Ohrfeigen aus Daily Soaps geschnitten. Da bleibt einem eigentlich nur der Griff zur Elektrodroge, wenn man mal Blut und Innereien sehen will...
Wenn man von seinem Trip wieder runterkommt, löscht die E-Droge sich automatisch. Falls man sie behalten möchte, kopiert man sie einfach aus dem temporären Gedächtnisspeicher in irgendein anderes Verzeichnis.

Ich selbst habe schon eine anschauliche Sammlung von Elektrodrogen auf meinem Rechner. Ich trage sie nicht im Implantat, dazu sind die meisten zu groß. Manche sind 3 oder 4 Megabyte groß. Mein Port am Handgelenk erlaubt es mir, die Drogen schnell in den Kopf oder zurück auf die Festplatte zu übertragen, daher habe ich auch mit sehr großen Dateien keine Probleme.

Vor einer Weile habe ich eine neue Quelle entdeckt, irgendeine ultrakrasse Seite auf einem kanadischen Server, ich hab die URL gerade nicht parat. Ich habe etwa 17 MB runtergeladen, bin aber nicht dazu gekommen, alle auszuprobieren. Zum Antesten habe ich eine Datei gewählt, die „sirius.vdg“ hieß. Das Dateikürzel „vdg“ steht für „Visual Data Grade“; eine Universalprogrammiersprache, die der Großkonzern „Grade Electronics International“ entwickelt hat. Sie wird zur Programmierung der Kopfimplantate benutzt und ist auch bei den meisten anderen Anwendungen weltweiter Standard geworden.
„sirius.vdg“ war der Hammer. Ich saß ganz relaxed auf der Couch und checkte mein System. Dabei entdeckte ich das Verzeichnis, in dem ich die neuen Drugs archiviert hatte und dachte mir, ich teste mal was von den Psychodateien an. Ich aktivierte „sirius.vdg“.
Mein Blick verschwamm und aus all den verschwommenen Pixeln formte sich das Wort „Sirius“, der Hintergrund – gerade noch die kahle Wand meines Wohnzimmers – verdunkelte sich und plötzlich war da ein Sternenhimmel. Ich stieg höher und höher, ich flog herum und die Lichter und Sterne um mich herum spritzen auseinander. Es war göttlich.

Erst 4 Stunden später fand ich mich auf dem Boden vor der Couch liegend wieder. Als ich mich gesammelt hatte, kroch ich zu meinem Rechner, steckte das Transferkabel in mein Handgelenkimplantat und erstellte auf der Festplatte eine Sicherungskopie. Diese E-Drug war völlig genial!
In den nächsten Tagen arbeitete ich die restlichen Drogen ab, manche behielt ich, manche löschte ich sofort wieder. „fistfuck.vdg“ zum Beispiel, eine Hardcoresexdroge, oder auch „puppygames.vdg“, wo man perversen Sex mit Tierbabies erlebte. Die meisten Dateien waren nicht besonders groß, doch die Datenmenge schien unerschöpflich. 2 Monate nachdem ich die Sachen heruntergeladen hatte, waren noch immer 6 Megabyte unberührt geblieben.

Gestern hatte ich ziemlichen Frust. Kein Wunder, der Scheißjob in der Fabrik schlaucht ganz schön. Körperlich ist es ein ziemlich lauer Job, ich sitze mit etwa 150 anderen Leuten entlang einer Glasfront und steuere die Roboterarme am Fließband. Aber gestern war einer meiner dummen Fertigungsroboter kaputt. Ich musste runter in den Schacht steigen, um ihn zu reparieren. Es dauerte Stunden. Abends machte ich 4 Überstunden wegen dem verdammten Mistding.
Zu Hause wollte ich mir daher mal richtige Entspannung gönnen und rief eine von diesen Nutten an, die für ein paar Extasypillen alles tun. Nachdem ich eine bestellt hatte, aktivierte ich die letzte E-Droge in meinem Implantat. „spring.vdg“. Ich wusste nicht, was sich dahinter verbarg, aber es war mir ziemlich egal. Ganz gleich, ob ich einen guten Realitytrip oder einen totalen Absturz erleben würde, das Wrack, das jeden Moment hier sein musste, würde seinen Job machen.
Als ich ihr öffnete, war ich eigentlich noch ganz klar, ich fühlte mich nur etwas beschwingt. Vielleicht wäre ich enttäuscht gewesen, wenn die Droge Raum für derartige Gefühle gelassen hätte, doch das berauschende Gefühl, so unterschwellig es auch war, durchflutete meinen ganzen Körper. Ich bot der Nutte einen Kaffee an, sie lehnte ab und ich ahnte, dass sie auf Entzug war. Das erklärte auch, warum sie sich direkt aufs Bett setzte.
Ich schloss die Tür ab und versteckte den Schlüssel. Falls ich total abschmieren sollte, könnte sie nicht mit meiner halben Einrichtung abhauen, dachte ich mir, es sei denn, sie würde den Weg durchs Fenster wählen. Doch der war nicht allzu bequem. Es ging nämlich 9 Stockwerke steil bergab. Die Droge benebelte mich stärker und ich genoss dieses Gefühl. Schließlich legte ich mich mitten aufs Bett und dieses Wrack von einer Frau griff sofort zielstrebig nach meinem Reißverschluss. Das war der Moment, in dem es bei mir aussetzte. Wie schon bei „sirius.vdg“ begann die Umgebung zu verschwimmen, wieder wurden die Pixel zu einem Schriftzug. „Wie ein Frühlingsmorgen“, stand dort geschrieben. Die Decke über mir verschwamm zu einem blauen Himmel. Ich richtete mich auf, wie in einem Traum. Um mich herum waren Blumen, ich hörte Vögel zwitschern und irgendwo plätscherte ein Bach. Ich stand auf und sah an mir herunter. Ohne großartige Überraschung stellte ich fest, dass ich komplett nackt war. Das weiche, nasse Gras unter meinen Füssen fühlte sich herrlich an und ich begann, umher zu wandern. Nach einigen Schritten gelangte ich an einen kristallklaren See, der mir vom ersten Augenblick an endlos vertraut vorkam und ohne zu überlegen, sprang ich hinein. Ich schwamm, ich tauchte und planschte im Wasser herum. Mir schienen es Stunden zu sein, die ich in diesem See verweilte. Irgendwann erblickte ich am anderen Ufer eine junge Frau von nie gesehener Schönheit, die ebenfalls unbekleidet war und mir fröhlich zuwinkte. Ich schwamm auf sie zu und watete durchs seichte Wasser zum Ufer.
Aus den Büschen tauchten, kaum dass ich sie erreicht hatte, weitere Frauen auf, allesamt splitternackt und alle schienen mich zu wollen. Augenblicke später war ich von wunderschönen Mädchen umringt, die mir obszöne Dinge zuflüsterten und deren Hände mich überall zärtlich berührten.
Ich ließ sie machen und genoss mit geschlossenen Augen. Doch plötzlich zerriss ein Geräusch die friedliche Stille. Ich erkannte es: eine Kettensäge! Ich riss die Augen auf und sah, wie dem Mädchen, das sich gerade vor mich gekniet hatte und hingebungsvoll an meinem Schwanz lutschte mit eben einer Kettensäge der Rücken aufgesägt wurde. Dennoch entfuhr mir nicht einmal ein Schrei, im Gegenteil, ich begann zu lachen und grinste den schwarzvermummten Kerl mit der Henkersmaske, der die Kettensäge immer wieder in ihren Rücken stieß vergnügt an. Der Kopf der Frau rutschte langsam meinen Oberschenkel hinunter, bis der Fleischhaufen, der noch von ihr übrig war völlig zusammensank.
Die anderen Mädchen ließen sich davon nicht im Geringsten stören und machten einfach weiter. Ich lachte ungewollt und der Kerl mit der Säge richtete eine nach der anderen hin. Schließlich stand ich laut vor Vergnügen grölend in einem Matsch aus Fleisch, Blut und Knochensplittern. Der Henker warf die Säge achtlos in den See und begann, sich unter wildem Gebrüll die Kleidung vom Leib zu reißen. Unter den weiten schwarzen Tüchern kam das typische Lederoutfit der S/M-Szene zum Vorschein. Statt wegzulaufen, sprang ich ihm entgegen, umarmte ihn und er drückte mich mit einer Hand in die Knie. Wieder raschelte das Gebüsch, doch statt schöner Frauen stolperten mir entstellte Monster entgegen, der blaue Himmel verfärbte sich augenblicklich schwefelgelb, das Gras verdorrte unter meinen Füssen und der Mann mit der Henkersmaske reckte die Arme zum Himmel und lachte grollend, wie ein Höllenfürst, der gerade das Zeitalter des Bösen verkündete. Die Monster krochen und taumelten auf mich zu und noch immer lachte ich schallend, auch als diese widerlichen Kreaturen begannen, mich bei lebendigem Leibe aufzufressen. Mir wurde schwarz vor Augen.

Als ich die Augen wieder öffnete, lag ich mit offener Hose auf meinem Bett. Ich war schweißgebadet und zitterte am ganzen Körper. Mein erster Gedanke war, diese Droge sofort zu löschen, doch der temporäre Ordner war leer. Mühselig rappelte ich mich auf, um zum Rechner zu gehen und von dort durchs Transferkabel ein Deinstallationsprogramm zu starten. Dann fiel mir ein, dass die Nutte ja noch irgendwo sein musste. Ich sah mich um.


Ich schrie. Ich schrie, wie am Spieß. Überall ums Bett herum lagen blutüberströmte Körperteile, tote Frauen mit entstellten Gesichtern und selbst die Wände waren über und über mit Blut besudelt. Vor dem Computertisch sah ich grinsend den Henker mit seiner Kettensäge stehen und in diesem Moment wurde mir klar, was passiert war: es war keine gewöhnliche E-Drug gewesen. Es war tatsächlich ein Computervirus – einer, der die Kopfimplantate infizierte! Ich hatte davon gehört, diese Gerüchte jedoch als Schwachsinn abgetan. Jetzt wurde mir klar, dass es kein Scherz war. Man konnte wirklich auf E-Drugs hängen bleiben... Diese Datei habe ich kurz vor meinem freiwilligen Ausscheiden aus diesem Leben so programmiert, dass der erste, der sich an mein Handgelenkimplantat anschließt, sie empfängt und ohne das am Ende befindliche Passwort keine weiteren Daten aus meinem Kopf herunterladen kann. „spring.vdg“ ist noch immer da drin und er ist noch immer gefährlich.
Wer versuchen sollte, Daten aus meinem Kopfimplantat zu retten, sollte sehr vorsichtig sein! Ich werde jetzt den „Selbstzerstörungsmechanismus“ auslösen, es ist ein geschütztes Unterprogramm in meinem Implantat, vergleichbar mit der Giftkapsel, die unbeliebte Staatsmänner in der Vergangenheit bei sich trugen. Dieses Programm unterbricht die Nervenbahnen im Kopf und löst so den Hirntod aus. Ich verabschiede mich hiermit aus dieser Welt und hinterlasse das Passwort zu meinem Hauptspeicher in meinem Kopf: sIrIuS. Und – wer auch immer das hier jetzt liest – pass auf, mein System achtet auf Groß- und Kleinschreibung...

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