⊗ r. anderscheinungen ⊗ mein denkraum.
Samstag, 21. August 2004
nerd
die fingernägel krallen sich in die lehnen seines stuhles, schweiß läuft auf seiner stirn, denn es ist schwül in dieser, einer von übertaktern gefürchteten, nacht. wieder treten sie auf, die visionen einer besseren, funktionierenden computerwelt in der alle komponenten friedlich zueinander stehen.
der neustart verlief reibungslos, die dämonische fehlermeldung war verschwunden und die geforce bereit sich frei zu entfalten.
jedoch - stille - eine stille, die ihm gar nicht gefällt. obwohl die boxen bis zur hälfte aufgerissen sind, kommt außer einem kleinen, dezenten netzbrummen kein weiterer ton an seine ohren, abgesehen von dem surren der lüfter.
alle kabel sind nach wie vor korrekt angeschlossen, also kann der fehler nur auf seiten der software gesucht werden. und wirklich, nach all den strapazen und all der hektik in dieser nacht, ausgerechnet die treiber der soundkarte wurden völlig außer acht gelassen...

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Dienstag, 4. Mai 2004
Hartig
Hartig war lange zur See gefahren, hatte weite Reisen unternommen und fremde Länder gesehen. Hartig hatte die See geliebt, bis sie ihm seinen einzigen Sohn genommen hatte. Das war im Herbst vor 12 Jahren. Seitdem war Hartig nicht mehr der, der er früher war. Er hatte begonnen, die See zu hassen. Er wurde krank und strandete schließlich in einem alten Häuschen vor den Toren der großen Stadt. Seine Frau hatte ihn all die Jahre gepflegt, hatte versucht, die Wunden zu heilen, die die See in seiner Seele hinterlassen hatte. Doch sie folgte ihrem Sohn nur sechs Jahre später und Hartig blieb allein zurück. Körperlich fehlte ihm nichts, doch innerlich war er leer, ganz leer.

Das kleine alte Häuschen am Wald hatte nur eine Etage, die Hartig bewohnte. Darüber lag der Dachboden, auf dem Andenken aus Zeiten verstaubten, in denen der Käpt’n die See noch geliebt hatte. Außerdem hatte das Haus einen Keller. Einen Luftschutzkeller, noch aus Zeiten des Krieges. Es gab drei Räume, dazu ein kleines Badezimmer, nur mit Waschbecken und Toilette und einen Heizungskeller. Zwei der etwas größeren Räume waren gefliest, der eine Raum wurde als Waschküche benutzt, der andere war jetzt leer. Diesen Raum musste man durchqueren, um in die Waschküche zu gelangen. Früher hatte Hartigs Sohn hier sein Fahrrad untergestellt.

Den dritten Raum hatte Hartig seit 12 Jahren nicht betreten. Zwar hatte er oft die Türklinke unter seiner Hand gespürt, doch er hatte nie den Mut gehabt, sie herunterzudrücken. Hinter dieser Tür lag Pauls Zimmer. Gemeinsam hatten Vater und Sohn damals die Wände neu verputzt und isoliert, hatten Kabel verlegt und die kahlen Wände mit Tapeten und Bildern verziert.
Wenn Hartig in den Keller ging, um die Wäsche von der Leine zu nehmen, kam er an der Tür vorbei. Oft stand er minutenlang davor und zögerte, war hin und hergerissen, den Raum zu betreten oder weiterzugehen und entschied sich jedes Mal für letzteres.

Es war in der Nacht zum 24. September, als Hartig von seiner Frau träumte. Es war hell und er sah nichts weiter, als ihr Gesicht. Nicht das Gesicht der vom Leben gebeugten Frau, das er in ihren letzten gemeinsamen Jahren so oft gesehen hatte. Nein, es war das Gesicht der jungen Anna, das Gesicht der 20jährigen hinter der Theke der Hamburger Hafenkneipe, in der er sie als junger Matrose kennengelernt hatte. Das helle Licht aus dem Hintergrund umrahmte sie und sie lächelte, als sie zu ihm sprach: „Kalle! Hallo, Kalle! Wir haben uns lange nicht gesehen! Wie geht es dir?“ Sie schien auf eine Antwort zu warten, doch Hartigs Traum ließ keine zu. „Kalle! Gut siehst du aus, wirklich! Wie geht es dem Jungen? Hat er den Schulabschluss geschafft? Er ist ja ein so netter Bursche!“ Wieder machte sie eine Pause und wieder war Hartig nicht fähig, zu sprechen. „Ich muss gehen, Kalle! Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder!“ rief Anna. Das strahlende Licht im Hintergrund wurde dunkler. „...grüß den Paul von mir!“ hörte Hartig ihre Stimme noch sagen, bevor ihr Gesicht im Dunkel verschwand. Er schlug die Augen auf. Minutenlang verharrte er regungslos und starrte die Decke des Zimmers an. Dann stand er langsam, aber entschlossen auf. Es war an der Zeit, sich seinem Sohn zu stellen. Er hatte Paul immer geliebt, doch mit den Jahren war ihm klargeworden, dass er ihn kaum gekannt hatte. Jetzt, in dieser Nacht, würde er in den Keller gehen und nachholen, was er all die Jahre versäumt hatte...

Hartig schlüpfte in seine ausgetretenen Hausschuhe, zog den Morgenmantel über den Pyjama und verließ das Schlafzimmer mit einem seltsamen Gefühl. Auf dem Weg in den Keller dachte er über die Zeit nach, in der er die Gelegenheit gehabt hätte, Paul kennenzulernen. Fast ein Vierteljahrhundert! Doch er hatte diese Zeit nie genutzt, hatte die See immer mehr geliebt, als seine Familie, bis seine stille, klare Geliebte ihm seinen Sohn genommen hatte. Auch seine Frau, die gutherzige und immer so fröhliche Anna hatte eine Geliebte gehabt: die Kunst. Kaum war Paul alt genug, um länger allein klarzukommen, hatte sie sich dem Theater gewidmet, war auf Tourneen in ganz Deutschland gegangen und hatte Paul sich selbst überlassen. Doch der Junge war immer gut klargekommen, er hatte gute Noten geschrieben, hatte das Haus in Ordnung gehalten und sich um den kleinen Garten gekümmert... Hartig bereute nicht zum ersten Mal, nicht mehr Zeit mit Paul verbracht zu haben.
Als Hartig vor der Tür angekommen war, fühlte er sich, als stünde er an der Schwelle in eine andere Welt. Wieder zögerte er, wie schon so oft zuvor, doch diesmal drückte er die Klinke herunter.

Abgestandene Luft und der Geruch von Staub schlug ihm entgegen, als Hartig die Tür aufstieß. Vorsichtig ertastete er den Lichtschalter neben dem Türrahmen. Die alte Glühbirne flackerte kurz auf, dann erhellte der Raum sich. Er war leer.

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Donnerstag, 29. April 2004
H e u t e
Diese moderne Technik ist wirklich eine tolle Sache. Als das damals eingeführt wurde, - also die Pflicht, so ein Kopfimplantat zu tragen – da hab ich mir das irgendwie anders vorgestellt. Viel fremder, bedrohlicher und kälter. Hatte halt was von totaler Überwachung für mich, aber ich habe mich inzwischen dran gewöhnt. Es ist ganz anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Richtig cool. Ja, doch, ich mag das Implantat inzwischen. Anfangs wusste niemand so wirklich, wozu das Ding gut sein sollte. Ich weiß es bis heute nicht, aber dafür habe ich herausgefunden, was man alles damit anstellen kann.

Ich bin keiner von diesen extremen Kybernetikfanatikern. Da hat sich tatsächlich schon eine richtige Subkultur entwickelt, der Staat nennt diesen Trend „wachsendes Androidentum“. Wirklich, da gibt es Leute, die sind höchstens noch zu 30 Prozent organisch! Ich habe das vorgeschriebene Kopfimplantat nur durch einen Universalport am Handgelenk ergänzen lassen, das ist ziemlich praktisch. Zum Beispiel kann ich jetzt einfach ein paar gute Songs in meinen Kopf laden und das ist eine tolle Sache, wenn man keinen mp3-Player mit sich rumschleppen will. Aber das ist nicht der einzige Vorteil.
Der wirklich große Bonus sind die Elektrodrogen. Wirklich eine tolle Sache. Chemie, Naturdrogen... Gar kein Vergleich! Man muss sich das wie einen Computervirus vorstellen. Die E-Drugs kann man überall im Internet runterladen, zum Beispiel auf einer Reihe illegaler Pages, aber manchmal kriegt man sie sogar auf den Seiten von Universitäten oder privaten Forschungszentren. Da wird nämlich eine Menge dran geforscht, niemand weiß genau, wie gefährlich E-Drugs sind und schließlich gibt es sie auch noch nicht allzu lange, wenn man sie mal mit LSD oder Koks vergleicht.
Die Dateien, die man da runterläd, erzeugen im Kopfimplantat bestimmte Reize, je nachdem, welchen Kick man gerade haben will. Es gibt reine Rauschdateien, da fliegt man endlos durch irgendwelche psychedelischen Bilder – oder, wenn Profis die Droge programmiert haben auch durch ganze Fantasiewelten. Dann sind da die Sexdrogen, die sind am weitesten verbreitet. Sie erzeugen extrem realistische und natürlich erotische Halluzinationen. Es gibt wirklich gute, die ich öfter mal aktiviere. Aber es wird auch hier viel Unsinn angeboten, Hallus mit irgendwelchen TV-Stars, Musikern oder auch mit Tieren.
Seit ich die E-Drugs entdeckt habe, mache ich mir eigentlich kaum noch etwas aus Fernsehen oder Musik. Und Tiere? Das ist echt nicht mein Fall. Aber es gibt ja auch noch die Gewaltdateien. Die Medien werden extrem zensiert, inzwischen werden sogar Szenen mit Ohrfeigen aus Daily Soaps geschnitten. Da bleibt einem eigentlich nur der Griff zur Elektrodroge, wenn man mal Blut und Innereien sehen will...
Wenn man von seinem Trip wieder runterkommt, löscht die E-Droge sich automatisch. Falls man sie behalten möchte, kopiert man sie einfach aus dem temporären Gedächtnisspeicher in irgendein anderes Verzeichnis.

Ich selbst habe schon eine anschauliche Sammlung von Elektrodrogen auf meinem Rechner. Ich trage sie nicht im Implantat, dazu sind die meisten zu groß. Manche sind 3 oder 4 Megabyte groß. Mein Port am Handgelenk erlaubt es mir, die Drogen schnell in den Kopf oder zurück auf die Festplatte zu übertragen, daher habe ich auch mit sehr großen Dateien keine Probleme.

Vor einer Weile habe ich eine neue Quelle entdeckt, irgendeine ultrakrasse Seite auf einem kanadischen Server, ich hab die URL gerade nicht parat. Ich habe etwa 17 MB runtergeladen, bin aber nicht dazu gekommen, alle auszuprobieren. Zum Antesten habe ich eine Datei gewählt, die „sirius.vdg“ hieß. Das Dateikürzel „vdg“ steht für „Visual Data Grade“; eine Universalprogrammiersprache, die der Großkonzern „Grade Electronics International“ entwickelt hat. Sie wird zur Programmierung der Kopfimplantate benutzt und ist auch bei den meisten anderen Anwendungen weltweiter Standard geworden.
„sirius.vdg“ war der Hammer. Ich saß ganz relaxed auf der Couch und checkte mein System. Dabei entdeckte ich das Verzeichnis, in dem ich die neuen Drugs archiviert hatte und dachte mir, ich teste mal was von den Psychodateien an. Ich aktivierte „sirius.vdg“.
Mein Blick verschwamm und aus all den verschwommenen Pixeln formte sich das Wort „Sirius“, der Hintergrund – gerade noch die kahle Wand meines Wohnzimmers – verdunkelte sich und plötzlich war da ein Sternenhimmel. Ich stieg höher und höher, ich flog herum und die Lichter und Sterne um mich herum spritzen auseinander. Es war göttlich.

Erst 4 Stunden später fand ich mich auf dem Boden vor der Couch liegend wieder. Als ich mich gesammelt hatte, kroch ich zu meinem Rechner, steckte das Transferkabel in mein Handgelenkimplantat und erstellte auf der Festplatte eine Sicherungskopie. Diese E-Drug war völlig genial!
In den nächsten Tagen arbeitete ich die restlichen Drogen ab, manche behielt ich, manche löschte ich sofort wieder. „fistfuck.vdg“ zum Beispiel, eine Hardcoresexdroge, oder auch „puppygames.vdg“, wo man perversen Sex mit Tierbabies erlebte. Die meisten Dateien waren nicht besonders groß, doch die Datenmenge schien unerschöpflich. 2 Monate nachdem ich die Sachen heruntergeladen hatte, waren noch immer 6 Megabyte unberührt geblieben.

Gestern hatte ich ziemlichen Frust. Kein Wunder, der Scheißjob in der Fabrik schlaucht ganz schön. Körperlich ist es ein ziemlich lauer Job, ich sitze mit etwa 150 anderen Leuten entlang einer Glasfront und steuere die Roboterarme am Fließband. Aber gestern war einer meiner dummen Fertigungsroboter kaputt. Ich musste runter in den Schacht steigen, um ihn zu reparieren. Es dauerte Stunden. Abends machte ich 4 Überstunden wegen dem verdammten Mistding.
Zu Hause wollte ich mir daher mal richtige Entspannung gönnen und rief eine von diesen Nutten an, die für ein paar Extasypillen alles tun. Nachdem ich eine bestellt hatte, aktivierte ich die letzte E-Droge in meinem Implantat. „spring.vdg“. Ich wusste nicht, was sich dahinter verbarg, aber es war mir ziemlich egal. Ganz gleich, ob ich einen guten Realitytrip oder einen totalen Absturz erleben würde, das Wrack, das jeden Moment hier sein musste, würde seinen Job machen.
Als ich ihr öffnete, war ich eigentlich noch ganz klar, ich fühlte mich nur etwas beschwingt. Vielleicht wäre ich enttäuscht gewesen, wenn die Droge Raum für derartige Gefühle gelassen hätte, doch das berauschende Gefühl, so unterschwellig es auch war, durchflutete meinen ganzen Körper. Ich bot der Nutte einen Kaffee an, sie lehnte ab und ich ahnte, dass sie auf Entzug war. Das erklärte auch, warum sie sich direkt aufs Bett setzte.
Ich schloss die Tür ab und versteckte den Schlüssel. Falls ich total abschmieren sollte, könnte sie nicht mit meiner halben Einrichtung abhauen, dachte ich mir, es sei denn, sie würde den Weg durchs Fenster wählen. Doch der war nicht allzu bequem. Es ging nämlich 9 Stockwerke steil bergab. Die Droge benebelte mich stärker und ich genoss dieses Gefühl. Schließlich legte ich mich mitten aufs Bett und dieses Wrack von einer Frau griff sofort zielstrebig nach meinem Reißverschluss. Das war der Moment, in dem es bei mir aussetzte. Wie schon bei „sirius.vdg“ begann die Umgebung zu verschwimmen, wieder wurden die Pixel zu einem Schriftzug. „Wie ein Frühlingsmorgen“, stand dort geschrieben. Die Decke über mir verschwamm zu einem blauen Himmel. Ich richtete mich auf, wie in einem Traum. Um mich herum waren Blumen, ich hörte Vögel zwitschern und irgendwo plätscherte ein Bach. Ich stand auf und sah an mir herunter. Ohne großartige Überraschung stellte ich fest, dass ich komplett nackt war. Das weiche, nasse Gras unter meinen Füssen fühlte sich herrlich an und ich begann, umher zu wandern. Nach einigen Schritten gelangte ich an einen kristallklaren See, der mir vom ersten Augenblick an endlos vertraut vorkam und ohne zu überlegen, sprang ich hinein. Ich schwamm, ich tauchte und planschte im Wasser herum. Mir schienen es Stunden zu sein, die ich in diesem See verweilte. Irgendwann erblickte ich am anderen Ufer eine junge Frau von nie gesehener Schönheit, die ebenfalls unbekleidet war und mir fröhlich zuwinkte. Ich schwamm auf sie zu und watete durchs seichte Wasser zum Ufer.
Aus den Büschen tauchten, kaum dass ich sie erreicht hatte, weitere Frauen auf, allesamt splitternackt und alle schienen mich zu wollen. Augenblicke später war ich von wunderschönen Mädchen umringt, die mir obszöne Dinge zuflüsterten und deren Hände mich überall zärtlich berührten.
Ich ließ sie machen und genoss mit geschlossenen Augen. Doch plötzlich zerriss ein Geräusch die friedliche Stille. Ich erkannte es: eine Kettensäge! Ich riss die Augen auf und sah, wie dem Mädchen, das sich gerade vor mich gekniet hatte und hingebungsvoll an meinem Schwanz lutschte mit eben einer Kettensäge der Rücken aufgesägt wurde. Dennoch entfuhr mir nicht einmal ein Schrei, im Gegenteil, ich begann zu lachen und grinste den schwarzvermummten Kerl mit der Henkersmaske, der die Kettensäge immer wieder in ihren Rücken stieß vergnügt an. Der Kopf der Frau rutschte langsam meinen Oberschenkel hinunter, bis der Fleischhaufen, der noch von ihr übrig war völlig zusammensank.
Die anderen Mädchen ließen sich davon nicht im Geringsten stören und machten einfach weiter. Ich lachte ungewollt und der Kerl mit der Säge richtete eine nach der anderen hin. Schließlich stand ich laut vor Vergnügen grölend in einem Matsch aus Fleisch, Blut und Knochensplittern. Der Henker warf die Säge achtlos in den See und begann, sich unter wildem Gebrüll die Kleidung vom Leib zu reißen. Unter den weiten schwarzen Tüchern kam das typische Lederoutfit der S/M-Szene zum Vorschein. Statt wegzulaufen, sprang ich ihm entgegen, umarmte ihn und er drückte mich mit einer Hand in die Knie. Wieder raschelte das Gebüsch, doch statt schöner Frauen stolperten mir entstellte Monster entgegen, der blaue Himmel verfärbte sich augenblicklich schwefelgelb, das Gras verdorrte unter meinen Füssen und der Mann mit der Henkersmaske reckte die Arme zum Himmel und lachte grollend, wie ein Höllenfürst, der gerade das Zeitalter des Bösen verkündete. Die Monster krochen und taumelten auf mich zu und noch immer lachte ich schallend, auch als diese widerlichen Kreaturen begannen, mich bei lebendigem Leibe aufzufressen. Mir wurde schwarz vor Augen.

Als ich die Augen wieder öffnete, lag ich mit offener Hose auf meinem Bett. Ich war schweißgebadet und zitterte am ganzen Körper. Mein erster Gedanke war, diese Droge sofort zu löschen, doch der temporäre Ordner war leer. Mühselig rappelte ich mich auf, um zum Rechner zu gehen und von dort durchs Transferkabel ein Deinstallationsprogramm zu starten. Dann fiel mir ein, dass die Nutte ja noch irgendwo sein musste. Ich sah mich um.


Ich schrie. Ich schrie, wie am Spieß. Überall ums Bett herum lagen blutüberströmte Körperteile, tote Frauen mit entstellten Gesichtern und selbst die Wände waren über und über mit Blut besudelt. Vor dem Computertisch sah ich grinsend den Henker mit seiner Kettensäge stehen und in diesem Moment wurde mir klar, was passiert war: es war keine gewöhnliche E-Drug gewesen. Es war tatsächlich ein Computervirus – einer, der die Kopfimplantate infizierte! Ich hatte davon gehört, diese Gerüchte jedoch als Schwachsinn abgetan. Jetzt wurde mir klar, dass es kein Scherz war. Man konnte wirklich auf E-Drugs hängen bleiben... Diese Datei habe ich kurz vor meinem freiwilligen Ausscheiden aus diesem Leben so programmiert, dass der erste, der sich an mein Handgelenkimplantat anschließt, sie empfängt und ohne das am Ende befindliche Passwort keine weiteren Daten aus meinem Kopf herunterladen kann. „spring.vdg“ ist noch immer da drin und er ist noch immer gefährlich.
Wer versuchen sollte, Daten aus meinem Kopfimplantat zu retten, sollte sehr vorsichtig sein! Ich werde jetzt den „Selbstzerstörungsmechanismus“ auslösen, es ist ein geschütztes Unterprogramm in meinem Implantat, vergleichbar mit der Giftkapsel, die unbeliebte Staatsmänner in der Vergangenheit bei sich trugen. Dieses Programm unterbricht die Nervenbahnen im Kopf und löst so den Hirntod aus. Ich verabschiede mich hiermit aus dieser Welt und hinterlasse das Passwort zu meinem Hauptspeicher in meinem Kopf: sIrIuS. Und – wer auch immer das hier jetzt liest – pass auf, mein System achtet auf Groß- und Kleinschreibung...

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Montag, 12. April 2004
mira
es war eine kalte, verregnete novembernacht und ich streifte auf dem kiez umher, wie ich es fast jede nacht tat. ich war auf der suche, doch wusste ich nicht, wonach. während ich die hauptstraße hinunterging, überkam mich der altbekannte hass auf all das um mich herum. der hass auf die immer gleich aussehenden nutten, der hass auf die schmierigen freier, die schmuddeligen läden. ein hass, der mir so vertraut war, dass ich ihn schon fast liebgewonnen hatte.
die leichten mädchen am straßenrand warfen mir auffordernde blicke zu, doch sie widerten mich geradezu an. sie waren so gewohnt, dass ich mich vor ekel schüttelte. ich hasste diese stadt mit leidenschaft, vielleicht war das der grund, aus dem ich nicht weggezogen bin. vielleicht war es aber auch die gewissheit, dass mir keine andere stadt der welt das bieten konnte, was ich suchte: den ultimativen kick, das absolute abenteuer. etwas neues, etwas, das mich nicht langweilte.
hier gab es nichts wirklich aufregendes. keine der nutten hielt, was sie versprach, keine der drogen konnte mir die realität genug verklären, um sie erträglich zu machen. nichts, aber auch gar nichts interessierte mich.
so lief ich nachts ziellos umher und wartete auf etwas, auf irgendetwas. es begann zu regnen und ich kehrte in eine der dreckigen spelunken ein, gab mein letztes geld für ein paar schlecht gezapfte biere aus. die menschen - konnte man sie noch so nennen ? - ekelten mich an. ihre sabbernden und vom alkohol verquollenen gesichter, diese unerträglichen fratzen...sie stanken nach schweiß und billigem fusel, ich verachtete diese kreaturen. sie glaubten, ihr glück im suff und mit billigen ficks gefunden zu haben. sie waren so selbstzufrieden.
vor einigen jahren war ich in diese stadt gekommen, mit der hoffnung, hier zu finden, was ich suchte. doch nichts war anders. die kneipen waren genau so dreckig, wie überall auf der welt, die neonreklamen versprachen und enttäuschten auf die gleiche weise...ja, sogar die nutten trugen das gleiche make-up. so war ich hier in hoffnungslosigkeit versackt, unmotiviert mein glück woanders zu suchen.
ich verließ den laden und wanderte weiter durch den regen, egal, wohin. ein wagen hielt in einer seitenstraße, eine frau wurde hinausgestoßen, der wagen fuhr weiter. nichts ungewöhnliches, hatte ich solche szenen doch schon tausendfach gesehen und war tausendfach tatenlos weitergegangen. warum ich gerade jetzt hinüberschlenderte, weiß ich nicht. doch ich tat es, einfach so. die frau lag in einer pfütze, blutete aus der nase, das erkannte ich im halbdunkel. ich packte sie am arm und zog sie hoch. es war unschwer zu erkennen, welchem gewerbe sie angehörte.
sie war jünger, als die anderen frauen. ein halbes kind. sie musste neu in dieser gegend sein, denn ich hatte sie in all den jahren noch nie hier gesehen.
ihr schulterlanges haar war tiefschwarz und ihre augen von faszinierender tiefe. ich schob sie gegen die wand, damit sie sich abstützen konnte. "wie heißt du, kleine ?" fragte ich sie. sie stieß mich zur seite, lief in richtung hauptstraße, blieb kurz stehen und flüsterte mit gebrochener stimme: "mira." dann verschwand sie in der nacht und dem menschentreiben.
"mira", dachte ich. ihre augen verfolgten mich, als ich nach hause ging. und ich war mir sicher, dass sie das chaos sahen, als ich meine wohnung betrat. das dreckige geschirr der letzten 3 wochen stapelte sich in der spüle, ein haufen klamotten ließ irgendwo ein bett vermuten und auf dem tisch drängten sich halbvolle konservenbüchsen. ich war nur zum schlafen hier und das tat ich vorwiegend tagsüber. nachts trieb es mich hinaus auf die straße...
ich sah auf die uhr. es war fast 3. mira. der gedanke ging mir nicht aus dem kopf. von plötzlicher hektik befallen kramte ich in einer schublade herum, fand schließlich einige scheine - das war alles, was man mir in der pfandleihe für meinen fernseher gegeben hatte. doch wozu brauchte ich ihn auch ? alles, was gesendet wurde, langweilte mich. mira.
mit dem geld in der hand stürzte ich wieder hinaus auf die straße, rannte das kurze stück bis zum kiez und taumelte wie benommen in das nächstbeste bordell. die empfangsdame schaute etwas verwirrt. "was kann ich für sie tun ?", fragte sie schließlich. ich blickte sie nur verstört an, ließ meinen blick durch den raum streifen und schwankte etwas umher. ich merkte nur noch, wie ich an den armen gepackt und richtung tür gerissen wurde. die türsteher... "mira...", stammelte ich und sah hilfesuchend zur empfangsdame rüber. sie lächelte milde und bedeutete ihren bodyguards, mich loszulassen. "ja, von der habe ich gehört," sagte sie dann und schüttelte den kopf. "es tut mir leid, so junges gemüse haben wir hier nicht. dies ist ein anständiges geschäft. versuchen sie es doch im 'red heaven'."
vor dem 'red heaven', einem kleinen bordell in einer seitengasse befiel mich ein seltsames gefühl. was tat ich hier eigentlich ? ohne mir diese frage zu beantworten, klopfte ich an die morsche tür. eine alte frau öffnete einen spalt breit. "sie wünschen ?". ich starrte sie fiebrig an. dann fing ich mich. "ich suche ein mädchen...". sie lächelte, öffnete die tür und zog mich hinein. ich ließ mich auf ein antikes plüschsofa fallen und die alte kramte ein fotoalbum hinter ihrem tresen hervor. "sehen sie das doch mal durch, welche ihnen gefällt." ich strich mir die haare aus dem gesicht und blätterte das vergilbte album auf. nur flüchtig schaute ich mir die bilder an, schüttelte dann den kopf und gab es ihr zurück. in diesem moment glaubte ich, etwas wie enttäuschung in ihren augen lesen zu können. ein letzter versuch also. "ich suche ein bestimmtes mädchen. sie heißt mira und man hat mir gesagt, ich würde sie hier finden." die miene der alten erhellte sich. zahnkarg lächelte sie mich an. "ja, wir haben eine mira, sie ist ganz neu hier... es tut mir leid, ich muss noch ein foto einkleben...". sie klang erleichtert und entschuldigend. "wo ist sie ?", wollte ich wissen und sie erhob sich, erklomm humpelnd die treppe, von deren ende rotes licht herunterschien. als sie wieder auftauchte, hatte sie ein junges mädchen bei sich. sie war es. mira.
eilig ließ ich das geld aufs sofa fallen und sprang auf. die augen der alten frau leuchteten, als sie feststellte: "sie ist also die, die sie suchen ? mira, zeig dem herrn dein zimmer!". ich stieg die treppe zu mira hinauf und folgte ihr in das karg eingerichtete zimmer. Ein schrank, ein tisch, ein stuhl und ein bett. das war alles.
mira setzte sich auf die bettkante und wirkte ängstlich, als sie ihre bluse aufzuknöpfen begann. ich kniete mich vor sie und sah sie eindringlich an. "nein, das nicht." sie schien von meinen worten aufgeschreckt. "mira! ich will etwas anderes. bitte, verrate mir dein geheimnis. ich will es wissen!". sie stand auf und strahlte plötzlich eine erhabene überlegenheit aus, als sie sagte:" mein geheimnis ? den preis wirst du nicht zahlen wollen! viele haben ihn schon zahlen müssen, kein einziger freiwillig.". mit flehendem blick flüsterte ich:" es ist egal, was es kostet. ich weiß, dass es hier nicht um geld geht...".
mira wirkte nachdenklich. "du faszinierst mich. du weißt mehr, als der rest. diese kläglichen gestalten...es ist nicht schade um sie. ich werde dir mein geheimnis verraten, wenn dies der grund ist, warum du mich gesucht hast.". mit einer schnellen, aber kontrollierten bewegung schleuderte sie mich aufs bett, riss mir das t-shirt vom leib und ich spürte nur noch einen kurzen stich am hals.
als ich wieder zu mir kam, lag ich in meiner wohnung, die tür zum treppenhaus stand halb offen, um mich das gewohnte chaos. die uhr behauptete, es sei 22.30 uhr, doch sie konnte auch lügen. ich rappelte mich auf und lief auf die strasse. es goss in strömen und ich fror, doch es war mir egal. "mira!", schrie ich. der schrei verhallte ohne antwort. ich rannte zum kiez, ich musste sie finden...doch das 'red heaven' hatte geschlossen. wegen todesfall, so das schild an der tür. die alte frau war in der letzten nacht gestorben, wie mir ein vorbeieilender mann zurief. so irrte ich ziellos durch den regen und wusste plötzlich, was ich suchte. mira. ein ungewohntes gefühl. erschöpft machte ich irgendwann auf einem hinterhof halt, starrte zu boden und als ich wieder aufblickte, schaute ich in diese tiefen augen, die mich in der letzten nacht bis nach hause verfolgt hatten. "mira...", stammelte ich. "hast du gefunden, was du so lange gesucht hast ?", fragte sie lächelnd. ich nickte und einen augenblick später war sie schon wieder verschwunden.
es war nicht der ultimative kick gewesen, nicht das absolute abenteuer. doch sie hatte mich von der rastlosigkeit erlöst, die ich jahrelang in mir herumgetragen hatte. sie hatte mir eine innere ruhe gegeben, mit der ich leben konnte...ich wusste nun, wonach ich suchte und es war beruhigend zu wissen, dass es tatsächlich ein ziel gab, das ich verfolgte. trotzdem weiß ich nicht, ob ich sie wirklich finden will. ich bin glücklich auf meiner suche, zum ersten mal seit vielen jahren glücklich, seit den vielen jahren der suche.......

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Samstag, 10. April 2004
ein hauch von ewigkeit
nebel umwebt die verfallenen grabsteine, schmiegt sich eng ans feuchte gras, schleicht sich zwischen alten bäumen hindurch. der gesang der nachtvögel vermischt sich mit dem rauschen des windes. wie tränen liegt der abendtau auf den blättern. von weither weht der klang von kirchenglocken hierher, auf den kleinen friedhof.
dort am horizont zeichnet sich die silhouette der burgruinen auf dem hügel ab, silbern legt der mond seinen schleier über diese szene des friedens.
unsere samtenen capes spenden wärme, doch schlägt dein atem kleine wolken, die wie kristalle zerfallen.
hier, im schutz der linden, stehen wir, wartend auf den rechten zeitpunkt. ich sehe angst, jedoch auch sehnsüchtige erwartung in deinen augen, spüre das zittern deines körpers. der wind trägt den duft modernder erde herüber, vermischt mit dem geruch von rosen... ein hauch von ewigkeit...
still, heimlich und glänzend stiehlt sich eine abschiedsträne aus deinem augenwinkel davon... abschied von deiner welt...
dein kopf liegt an meiner schulter, du bist mir rettungslos ausgeliefert, schutzlos und hilflos, wie ein verwundetes rehkitz im wald. meine hand streicht dein haar zur seite...die zeit ist gekommen...nimm nun abschied von der welt der sterblichen...die welt der vergänglichkeit wird nicht mehr die deine sein...sei bereit für meine welt...du wirst mit neuen augen sehen...der ewige traum...zeitlos, ruhelos und von mir allein geliebt...alterslos durch die zeit ziehen...alle welten und zeiten erleben...wo jetzt nur schwarzes wasser ist, wirst du die elfen tanzen sehen, wie sie sich dem wind als gespielen hingeben...hab keine angst, es wird nicht weh tun...ein winziger stich - was ist er schon gegen eine ewigkeit ?
langsam nähern meine lippen sich deinem hals, dein herz rast, ich spüre es. wortlos gibst du mir das zeichen...tu es, sagst du, du mu8t! und meine zähne bohren sich in dein fleisch, ein lautloser schrei...unterdrückt...du sinkst in meine arme, dein atem versiegt, dein herzschlag wird langsamer. mit seinem stillstand trittst du durch die tore der nacht...warm rinnt dein blut über meine lippen, nun trinkst du auch das meine, erwachst zu neuem leben...spürst du das schweben ? folge mir über den abgrund, wir können fliegen...hinein in unsere ewige nacht...

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Freitag, 9. April 2004
bin ich?

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Sonntag, 9. November 2003
so
jetzt bin ich bei blogger.de

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